Europafest am 6.6. – von Eiern und Hühnern
Am kommenden Samstag werden Franz Müntefering und Martin Schulz beim Europafest in Mönchengladbach zu Gast sein. Auf dem Vorplatz des ehemaligen Stadttheaters an der Hindenburgstraße wird die SPD MG ab 16.00 Uhr ein buntes Programm bieten. Ab ca. 18.00 Uhr werden auch SPD-Vorsitzender Franz Müntefering und Spitzenkandidat Martin Schulz anwesend sein. Zuvor besuchen sie noch das Hephata Jubiläumsfest in Rheydt. Die Veranstaltung bildet den furiosen Abschluss eines – so muss ich es ehrlicherweise sagen – ganz und gar nicht furiosen Wahlkampfes.
Wenn man die Bedeutung einer Wahl an ihrer (zu erwartenden) Wahlbeteiligung misst, mag der Wahlkampfaufwand angemessen gewesen sein. Ich will damit nicht sagen, dass jemand einen schlechten Wahlkampf geführt hat – aber es entwickelte sich keine Dynamik. Damit ist ausdrücklich nicht nur die SPD gemeint. Es fehlte an vielem – außer an Plakaten. Sicher, die FDP hat fleißig Plakate aufgehängt bzw. hängen lassen, auch wenn deren Grafiker sicher nicht FDP wählt. Gut so.
Wirkliche Wahlkampfaktivitäten ließen aber zu wünschen übrig. Natürlich gab es die üblichen Infostände der Parteien, aber europapolitische Schwerpunkte wurden nicht gesetzt – weder von den Parteien noch von den Bürgern.
In den Gesprächen am Stand dominierten bundes- und lokalpolitische Themen; so auch beim Stand der Jusos am vergangenen Samstag in der Altstadt.
Die Altstadt war nur mäßig besucht und so ließ die Resonanz zu wünschen übrig. Das lag auch am thematischen Schwerpunkt “Europa”.
Damit wären wir bei der Frage, was zuerst da war: das Huhn oder das Ei? Dabei geht es nicht um irgendeinen Bürokratie-Wahnsinn, den die meisten Bürger wohl mit Europa verbinden, sondern darum, ob das Interesse am Wahlkampf und an der Wahl bei den Bürgern so gering ist, weil die Parteien vor Ort so wenig diesbezüglich arbeiten oder ob die Parteien sich zurückhalten, weil sich eh kaum ein Bürger für die Wahl interessiert.
Da im Grundgesetz den Parteien der Status eingeräumt wird, an der politischen Willensbildung der Bevölkerung mitzuwirken, schiebe ich den schwarzen Peter eindeutig den Parteien zu.
Wenn man sich anguckt, wie viele Gesetze, die in ihrer Umsetzung auch in der Tagespolitik für große Debatten sorgen, in Europa angestoßen oder veranlasst werden, darf die Wahl nicht unterschätzt werden. Dass sich viele Verordnungen unmittelbar auf den Alltag auswirken, ist den wenigsten bewusst. Dabei werden viele Themen durchaus emotional diskutiert, doch es fehlen Personen, die sich verantwortlich machen lassen – im positiven, wie im negativen Sinne. Daran ist vor allem die große Politik schuld.
Erfolge werden nationalisiert, Misserfolge werden europäisiert. Die Regierungschefs schmücken sich gerne mit Erfolgen auf europäischer Ebene. So erzählt ein Nicolas Sarkozy der französischen Presse, was er erreicht habe, ebenso erzählt Angela Merkel, was sie für Deutschland erreicht habe. Wenn sich ein Regierungschef nicht durchsetzen kann, wird das anonyme Europa dafür verantwortlich gemacht und Europa bleibt vor allem mit genormten Gurkenkrümmungen und aufgehobenen Verpackungsvorschriften im Gedächtnis der Bevölkerung hängen. Viele dieser Vorschriften sind zudem fleißigen Lobbyisten zu verdanken, die so unliebsame Konkurrenz vom Markt fernhalten oder einfach neue Möglichkeiten sehen, den Kunden, und damit die Bürger Europas irre zu führen.
Dass diese Bemühungen bisher von Erfolg gekrönt sind, liegt zu einem guten Teil an der seit Jahrzehnten stabilen sogenannten “bürgerlichen Mehrheit” im Europaparlament, die zudem immer mehr von einem nationalen Geist durchwandert wird. Mit Nationalismus lässt sich in einem Staat Politik machen, für eine Staatengemeinschaft wie Europa ist das aber tödlich.
Letztendlich haben also diejenigen, die seit Jahren die europäische Politik bestimmen, dafür gesorgt, dass sich überall eine Europa-Skepsis breit macht – und aus dieser versuchen sie sogar noch Kapital zu schlagen. Hier sind die verantwortlichen Politiker Europa-Gestalter und Europa-Skeptiker, also Huhn und Ei zugleich.
Letztendlich schimpfen also alle über zu viele Regeln, unabhängig, ob sie selber für diese Regeln verantwortlich sind. Die Beteiligung der zahlreichen Mitgliedsstaaten und derzeitigen Strukturen sorgen für zusätzliche Undurchsichtigkeit, so dass man keim einem Bürger oder einfachen Parteimitglied eine gewisse Europamüdigkeit übel nehmen kann.
Ich freue mich dennoch alle, die sich für Europa interessieren oder begeistern können, am Samstag am Theatervorplatz zu treffen.