Mein (halbes) Jahr mit den Jusos – ein kurzer Rückblick.
Wie ist es der SPD beizutreten und damit als junger Mensch auch bei ihrem Jugendverband den Jungsozialist*innen aktiv zu sein? Mit dieser Frage habe ich mich vor meinem offiziellen Beitritt am 01.06.2020 ganz intensiv beschäftigt, und wurde im Hinblick auf das überraschend ereignisreiche (halbe) Jahr für die Jusos MG nicht enttäuscht.
Das erste Treffen mit den Jusos Mönchengladbach.
Beginnen wir mit dem ersten Treffen, dem ich beiwohnen konnte. Es war nämlich eine offene Vorstandssitzung unter Leitung unserer Vorsitzenden Josephine (“Josie”) Gauselmann und ihren stellvertretenden Vorsitzenden Mieke Müller und Ibrahim Ahmad. Vor allem die beiden Stellvertreter*innen und einige andere Mitglieder kannte ich zumindest vom Sehen her aus meiner Schule, alle anderen jedoch waren mir bis dahin weitgehend unbekannt. Weswegen ich an dem Abend auch etwas nervös war, da ich trotz vorheriger Überlegungen nicht wusste, was auf mich zukommt.
Diese Nervosität verging jedoch recht zügig als ich bemerkte, dass wirklich alle, vor allem auch gegenüber einem Neumitglied wie mir, äußerst offen und herzlich waren und versuchten uns in die Vorstandssitzung so gut wie möglich zu integrieren. Geholfen hat dabei auch eine Vorstellungsrunde zu Beginn der Sitzung, bei der ich erfuhr, dass nicht nur ich neu in der Partei war, sondern neben mir noch etwa 5 weitere Personen die anwesend waren. Wir besprachen an dem Tag dann den kommenden und für mich ersten Wahlkampf für die Kommunalwahl 2020 in Mönchengladbach.
Zusätzlich dazu stellte sich uns auch Karina Kloos vor, die gerne auf einer kommenden Mitgliederversammlung als Kandidatin für einen Platz als Beisitzerin im Landesvorstand der NRWJusos vorgeschlagen werden wollte.
Kommunal-Wahlkampf mit den Jusos.
Neben dem Wahlkampf, den ich in Giesenkirchen mit Mitgliedern meines Ortsvereins führte, war ich vor allem auch in Gladbach selber aktiv, da hier nicht nur sehr viele potentielle Wähler*innen wohnen, sondern auch die meisten Jusos kandidierten. Sei es Jannan Safi, jetziger Fraktionsvorsitzender der SPD-MG, der in Eicken kandidierte, oder unsere jüngste Kandidatin, Lin Großmann, die sich für Venn aufstellen ließ und nun in der Bezirksvertretung Nord sitzt, oder auch unsere Juso-Vorsitzende Josie, die im Wahlbezirk “Alter Markt/Gründerzeitviertel” antrat und nun 1. Bürgermeisterin Mönchengladbachs ist. Mit und für all diese Juso-Kandidaten*innen haben wir daher – wortwörtlich – von morgens am Stand auf dem Alten Markt bis in die Nacht in der Altstadt intensiven Wahlkampf betrieben. Geprägt war diese Zeit nicht nur von durchnässten Klamotten und müden Füßen aufgrund einer durchschnittlichen Schrittzahl von 10.000 Schritten, sondern vor allem von Solidarität! Denn wir haben nicht nur Wahlkampf für uns gemacht, wir haben Wahlkampf für alle gemacht, für die jüngste Kandidatin die in einem typischen CDU-Wahlbezirk kandidierte, aber auch für ältere Genoss*innen, die aufgrund ihres Alters eben nicht stundenlang durch ihren Bezirk ziehen können, um zehntausende Wahlflyer und -prospekte zu verteilen. Am Ende haben wir daher alle an einem Ziel gearbeitet, nämlich, dass wir entgegen aller Trends, nachdem Wahlkampf eine sozialdemokratisch-geprägte Kommunalpolitik unter unserem Oberbürgermeister Felix Heinrichs etablieren können.
Landeskonferenz der JSAG-NRW (Juso Schüler*innen und Auszubildendengruppe) am 01.08.2020 in Köln.
Zwischen all diesem Wahlkampf nutze ich als Abiturient jedoch die Chance, die Jusos auch auf Landesebene besser kennenzulernen. Dabei erwähne ich mein Abiturienten-Dasein in diesem Falle, da die JSAG eine Gruppe innerhalb der Jusos speziell für Schüler*innen und Auszubildenden ist, die ebenso wie die Jusos selber jährlich eine Landeskonferenz veranstaltet. Zusammen mit Lin Großmann machte ich mich dann per Zug auf zu meiner ersten Konferenz auf Landesebene. Doch aufgrund von Corona war es etwas distanzierter, so saßen wir nicht alle zusammen an Tischen, sondern getrennt auf einzelnen Stühlen. Trotz alledem empfand ich es als überaus spannend zu sehen wie Jusos aus ganz NRW nach Köln trudeln, um über das künftige Arbeitsprogramm und den JSAG-Vorstand abzustimmen. Dies tat ich dann auch, jedoch ohne größere Vorbereitung, lediglich mit den Bewerbungen und Reden der einzelnen Kandidat*innen. Zugegebenermaßen war es im Rückblick deutlich unspektakulärer als angenommen, weswegen dies sicherlich der Grund war, wieso ich ab der zweiten Pause eher meinen Fokus darauf legte neue Jusos kennenzulernen. Seien es Jungsozialist*innen aus Bochum, Duisburg, Dortmund oder Düsseldorf. Mit letzteren gingen wir dann auch zusammen in Düsseldorf-Bilk im (behaglichen) Tigges essen, bei denen wir dann u.a. über Feminismus und die Arbeit im Jugendrat Düsseldorfs redeten. Ein besonderer Moment meiner Erinnerung ist dabei der Zeitpunkt, an dem uns der Restaurantbetreiber eine Juso-Flagge auf den Tisch stellte – der bis dahin noch stundenlange andauernde Abend, wurde damit schön abgerundet. Zum Schluss verabschiedeten wir uns und fuhren nach Gladbach zurück, mit vollen Mägen und dem Glück neue junge Personen kennengelernt zu haben, die mit uns fürs selbe Ziel kämpfen.
Wahlkampfabschluss mit den Genoss*innen am 13.09.2020.
Doch nun war es soweit, wir haben monatelang Wahlkampf betrieben und haben dafür nicht nur Zeit, sondern auch viel Ehrgeiz und Tatendrang investiert. Wir haben uns mit all unseren Genoss*innen – coronagerecht – in einem Biergarten getroffen und gespannt auf die Wahlergebnisse gewartet. Ausnahmslos alle Blicke waren auf die zahlreichen Displays gerichtet, seien es die zwei großen Bildschirme vorne und hinten im Garten, oder die vielen Laptops und Smartphones, die jeder zückte um bloß nichts zu verpassen. Jede Stimme, jede noch so kleine Veränderung, einfach alles, wurde von uns wahrgenommen und entweder mit einem Lächeln und einem Freudensprung bis hin zu emotionalen Glücksausbrüchen gewürdigt. Zumindest bei den Stimm- und Wahlbezirken bei denen wir gute bis sehr gute Werte erreichten. Uns erreichte zum Beispiel die Meldung, dass Tonda Löffler ein Direktmandat in einem Rheydter Bezirk holte – gefeiert wurde dann mit einem Meer aus Geräuschen bestehend aus rhythmisch anmutenden “Tonda, Tonda!”-Rufen und klatschenden Händen. Aber auch einige andere Kandidat*innen holten ihre Bezirke als Direktmandat, und wenn dies nicht so war, wurde trotzdem optimistisch auf das Ergebnis geblickt. Auch, wenn diese Glücksmomente nicht überschatten konnten das wir u.a. bei der Ratswahl einen deutlich wahrnehmbaren Stimmenrückgang zu verzeichnen hatten. Am Ende war dieser Abend jedoch ein Motivationsschub für die kommenden zwei Wochen, denn in den Abendstunden stand dann endlich fest, dass unser OB-Kandidat Felix Heinrichs mit rund 37 Prozent – 7 Prozentpunkte vor Frank Boss (CDU) – in die Stichwahl gehen würde.
Endgültiger Wahlkampfabschluss am 27.09.2020 im Haus der Erholung.
Ganze 14 weitere Tage hatten wir nun Zeit, Wahlkampf für unseren Oberbürgermeisterkandidaten Felix Heinrichs zu betreiben, der mit seinen 31 Jahren auch sogar ein Juso ist. Es hieß also wieder mal: tausende Wahlflyer verteilen, Plakate richten, Wahlkampfstände betreiben und – ganz wichtig – Gespräche mit den Bürger*innen führen. (Ein ganz wichtiger Punkt, der mir auch aufzeigte wie andere Gladbacher*innen über die Stadt denken, was sie wollen und worauf sie hoffen). Gestärkt wurden wir durch das grandiose Ergebnis im ersten Wahlkampf und den vielen positiven Resonanzen, aber auch durch das aktive Auftreten von Felix selber. Es war und ist mir bis jetzt noch ein Staunen wert, mit wieviel Engagement und Disziplin Felix bei jeder noch so kleinen Veranstaltung mitwirkte und manchmal den Eindruck erweckte, er könne sich in Zwei aufteilen. Es war dann im Haus der Erholung so weit. Ich kam durch mein Engagement als Wahlhelfer zwar etwas verspätet, doch noch früh genug um am großen Bildschirm zu bemerken wie schrittweise jeder Wahlbezirk rot wurde. Es war ein Anblick, der mich in Freude versetze, denn am Ende gewannen wir zusammen nicht nur jeden Wahl, sondern auch alle Stimmbezirke, und schafften somit ein Endergebnis von rund 74 Prozent für Felix Heinrichs. Er war damit nun offiziell Oberbürgermeister der Stadt Mönchengladbach! Zeitgleich rückte damit auch ein weiterer Juso, nämlich Pascal Zitzen, Kandidat für Neuwerk, in den Stadtrat nach. Wir beendeten dann in einer Pizzeria in unserer Altstadt den erfolgreichen Tag wahlweise mit einer Pizza oder einem Döner. Eine Wahlkampfphase mit einem Restaurant- oder Imbissbesuch zu beenden wurde damit endgültig auch zur prägenden Tradition für uns!
Landeskonferenz der NRW-Jusos am 3. und 4. Oktober.
Die Kommunalwahl war zu Ende und Mönchengladbach stach in den sonst eher katastrophalen Wahlergebnissen für die SPD in den NRW-Kommunen glänzend hervor. Dies bemerkte ich auch auf der Landeskonferenz der NRWJusos am ersten Oktober-Wochenende, bei denen Mönchengladbach und Felix Heinrichs mehrmals erwähnt wurden. Eine solche Konferenz war für mich bis dahin ein komplett neues Erlebnis, denn diese Landeskonferenz hatte Ausmaße die keinesfalls gleichzusetzen waren mit denen der JSAG-Konferenz. Es versammelten sich rund 150 Delegierte aus allen Juso-Unterbezirken, und einer davon war ich. Als Neumitglied und LaKo-Neuling durfte ich nun unseren Unterbezirk Mönchengladbach zusammen mit Lin Großmann vertreten. Ein Vertrauen, dass mir bei der vorangegangenen Mitgliederversammlung ausgesprochen wurde und bei der auch Karina Kloos von uns als Kandidatin für den Landesvorstand nominiert wurde. Ich saß dann da bei meiner ersten Landeskonferenz in Bielefeld und hörte gespannt den vielen Redebeiträgen zu, tatkräftig unterstützt von sehr vielen Jusos aus Gladbach, die extra angereist waren. Es kam im Akkord ein Beitrag nach dem anderen, und ich hörte dann, dass diese LaKo deutlich ruhiger war als alle anderen davor. Dies hatte sicher etwas mit den ungewöhnlichen Umständen zu tun, denn wir mussten mit großem Abstand voneinander in der Halle sitzen und auch sonst mussten wir an den beiden Tagen Distanz bewahren. Trotzdem war diese – meine erste Landeskonferenz – wahrscheinlich eine der erfolgreichsten, denn wir verabschiedeten den alten Landesvorstand und wählten einen neuen. In den neuen Landesvorstand der NRWJusos wurde dann auch Karina gewählt, die nun aktiv mit dem neuen Vorsitzenden Konstantin Achinger und weiteren Beisitzer*innen aktiv bei der Verbandsarbeit mitwirkt. Daneben schafften wir es an den beiden Tagen noch ca. 30 weitere Anträge zu debattieren und entweder anzunehmen oder abzulehnen. So wurden auch unsere Mönchengladbacher Anträge debattiert, sei es “Solidarität mit Taiwan”, “Deklarationspflicht für Menstruationsartikel” oder “Den 9. Mai zum Europatag erklären”. Sie wurden allesamt, auch wenn letzterer durch die Delegierten abgeändert wurde, angenommen. Ein Erfolg für unseren Unterbezirk, aber auch für mich – denn ich durfte zwei dieser Anträge vor rund 150 gespannten Jungsozialist*innen einbringen. Immer mit Blick auf die mir bekannten Gesichter aus Mönchengladbach oben links auf der Zuschauertribüne, die durch ihren Applaus und Zurufe mich überaus stark motivierten. Es war, und da kann ich mich nur wiederholen, ein für mich bis dahin komplett unbekanntes Erlebnis. Doch bin ich froh darüber, dass ich diese Erfahrungen sammeln konnte. Ich lernte kennen wie pluralistische Verbandsarbeit funktioniert, wie man debattiert und wie man Kontakte knüpft. Auch wenn das Kontakte knüpfen durch die Pandemie eher erschwert wurde, lernte ich doch einige Mitkämpfer*innen kennen, die aus ganz NRW eingetrudelt waren. Sei es bei einer Flasche Cola um 1 Uhr nachts vor unserer Unterkunft, dem etwas stressigen Morgen (weil wir uns kurzzeitig aus unserem Raum ausgeschlossen hatten) oder bei den Pausen im Freien. Am Ende fuhren wir etwas müde, aber mit guter Laune, nach Hause. Die Landeskonferenz war damit eines meiner Highlights, und ist es sicher mal wert einen eigenen Beitrag zu erhalten!
Jahresabschluss mit Abstand.
Für das Jahr 2020 hatten wir eigentlich noch ein paar Dinge geplant, die jedoch durch das Erstarken der Pandemie alle wegfallen mussten. So trafen wir uns kurz vor Jahresende nur noch zweimal mit einigen Genoss*innen digital zu einem Spieleabend. Ein Abend, ein Halbjahr, voller Ereignisse und Erfahrungen die mich auf jeden Fall prägen werden. Auch dahingehend, dass ich mich nun mehr und intensiviert in der Gesellschaft engagieren werde, zusammen auch mit den Jusos, bei denen ich einige Freunde und inspirierende Personen kennenlernen durfte. Dieses Jahr, auch wenn es geplagt von Corona war, war ein Privileg, das ich sehr gerne ausgekostet habe. Denn es passiert nicht jeden Tag, das man vertrauensvolle Personen kennenlernt, die Politik bei sich vor Ort und darüber hinaus mitbestimmen kann und dafür sogar ein Dank – in vielfältiger Form – erhält.
Ich bin daher genau richtig, richtig bei der SPD, richtig bei den Jusos und richtig bei der Annahme etwas verändern zu können.