Morgen Sport in der Halle – Patrick gefällt das. Herr Müller darf das nicht.
Facebookverbot für Lehrer. So prangte es in großen Überschriften in den Zeitungen der letzten Wochen. In den Artikeln unter diesen Überschriften ist dann allerdings die Rede von einer „Handreichung“. Das klingt doch schon ganz anders als ein Verbot. Zumindest auf den ersten Blick.
Diese Handreichung erläutert den aktuellen rechtlichen Stand gemäß deutscher Datenschutzbestimmungen. Das tut sie allerdings so vehement, dass dort Formulierungen wie „generell verboten“ genutzt werden und dem Lehrkörper jegliche dienstliche Kommunikation mit Schülern untersagt. Konkret bedeutet dies, dass weder (Direkt-)nachrichten, noch Chats, noch Gruppen oder die Veranstaltungsfunktion sozialer Medien genutzt werden dürfen. Also doch ein Verbot, nur netter verpackt.
Das Kultusministerium Baden-Württemberg hat diesen Leitfaden veröffentlicht, da bei Lehrern große Unsicherheit geherrscht haben soll. Mir persönlich fällt dies zu glauben allerdings etwas schwer. Ich kann und will mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass Lehrer, immerhin studierte Menschen mit einer sozialen und pädagogischen Kompetenz, nicht in der Lage sind die modernen Möglichkeiten der sozialen Medien so zu nutzen, dass diese erstens für Schüler und Lehrer eine Erleichterung darstellen und zweitens dabei nicht den Datenschutz unterwandern.
Es macht doch einen gewaltigen Unterschied, ob der Sportlehrer, nun auf Facebook die Fehlstunden und Noten seiner Schüler in einer Klassengruppe oder gar öffentlich postet, oder ob er den Schülern auf diesem Weg kurz und unkompliziert mitteilt, dass der Sportunterricht morgen in der Halle stattfindet. Den ersten Weg wird doch ein Lehrer nicht ernsthaft beschreiten wollen. Dass eine solche persönliche und sehr sensible Information auf einem öffentlichen Server (egal ob in den USA oder in Frankfurt) nichts verloren hat, steht außer Frage. Aber deshalb dem Lehrpersonal jegliche Kommunikation mit Ihrer Schülern zu untersagen? Da drängt sich mir das Bild mit den Kanonen und den Spatzen auf. Auf der einen Seite vertrauen wir Pädagogen unsere Kinder an, um auf der anderen Seite den gleichen Menschen die Kompetenz abzusprechen, dass sie die Möglichkeiten der Internetmedien gewissenhaft und im Sinne ihrer Schüler nutzen? Wenn überhaupt nötig, wäre es doch sehr viel sinnvoller gewesen, den aktuellen Rechtsstand des Datenschutzes zu erläutern und verständlich zu machen, anstatt eine Verbotsliste zu veröffentlichen, die unter dem Deckmantel einer „Handreichung“ ein weltfremdes Regelwerk diktiert. Selbst wenn man all dies ausblendet und der Meinung ist, dass selbst die Sporthalleninformation eben eine Information darstellt und daher geschützt werden muss, sollte man sich mal an die Telefonketten aus früheren Tagen erinnern. Im Grunde genommen ist das doch der gleiche Vorgang, mit dem Unterschied, dass eine solche Kette nie funktioniert hat.
Viele Funktionen der Dienste lassen sich einfach und unkompliziert in den Unterricht einbinden: das Einrichten von Lerngruppen, wo sich die Schüler austauschen können, das Hochladen von Arbeitspapieren, falls die Kopie verloren gegangen ist, und viele anderen Möglichkeiten: dies darf nun alles von Lehrerseite aus nicht genutzt werden.
Da jegliche dienstliche Kommunikation über ausländische Server untersagt ist, dürfen Lehrer diese Wege also nicht einmal nutzen, wenn die Schüler diese eingerichtet haben und die Idee an den Lehrer herantragen. Dem Lehrer wird ein Kommunikationsmittel völlig entzogen, das sich den jungen Generationen als Selbstverständlichkeit darstellt und ein Teil ihres normalen Lebens geworden ist. Das kann und darf nicht das Ziel des Kultusministeriums sein.
Natürlich dürfen diese Kommunikationswege nur ein Zusatzangebot sein. Arbeitsblätter und andere Unterrichtsinhalte müssen natürlich auch ohne Online-Account verfügbar sein. Kein Schüler darf gezwungen werden, sich bei einer sozialen Plattform zu registrieren, um dem Unterricht folgen zu können.
Aus all diesen Gründen bin ich der Meinung, dass es den Lehrern selbst überlassen werden sollte, ob und in welcher Weise sie Facebook und Co nutzen für ihren Dienst nutzen. Dass dabei natürlich weder persönliche Daten online gestellt werden dürfen, noch, dass die Nutzung von Social Media zur Pflicht für die Schüler wird, sollte jedem Lehrer klar sein und muss nicht extra reglementiert werden. Schon gar nicht in Art und Weise einer Verbotsliste, die lustig als Handreichung getarnt wird.
PS: Hier findet Ihr die Handreichung im Wortlaut als pdf zum Download.